Küchenparty im till.

Amelie hat Spinale Muskelatrophie (SMA). Trotz der neurodegenerativen Erkrankung hat das fünfjährige Mädchen die pure Lust am Kochen und Backen für sich entdeckt. Wir stellen Amelie und das seltene Krankheitsbild SMA vor.

Man liebt oder hasst sie: Küchenmaschinen, die zeitgleich kochen, braten, garen, die Wäsche bügeln, Fenster putzen … Ok, die letzten beiden Punkte sind Wunschdenken. Amelie kann sich jedenfalls ein Leben ohne das Gerät nicht vorstellen. Die 5-jährige liebt es, mit Ihrer Mutter zusammen zu kochen und hat deshalb sogar eine Kinderversion davon in ihrer Spielküche.

Amelie hat eine seltene Erkrankung: ihre Diagnose lautet Spinale Muskelatrophie (SMA). Wegen der geschädigten Nervenzellen werden im Verlauf der Erkrankung die Muskelbewegungen immer schlechter gesteuert: Muskelschwund und zunehmende Lähmungserscheinungen sind die Folge. Dass Amelie krankheitsbedingt nicht stehen kann, macht es oft etwas kompliziert. Aus ihrem Rollstuhl heraus kann sie die Arbeitsfläche in der Küche nicht erreichen und ihre Mutter passt nur mit Mühe und Not in die Spielküche.

Stehtrainer gibt Amelie Sicherheit bei gleichzeitigem Training

Amelie hat deswegen einen till. Stehtrainer. Er hält sie fest und gibt ihr die Stabilität, die ihre Muskeln nicht haben. Und weil sie sich dann nicht auf das Stehen konzentrieren muss, kann sie aufpassen, wann die Butter fertig geschlagen ist und im richtigen Moment Eier und Mehl zum Teig hinzufügen.

Stehen ist für Amelie anstrengend. Weil sie viel Zeit im Sitzen oder Liegen verbringt, ist ihr Blutkreislauf nicht trainiert. Deshalb ist es so wichtig, dass sie zu Hause Dinge in der aufrechten Haltung erledigt. Das unterstützt auch die Entwicklung der Knochen, die durch die Belastung kräftiger werden und besser wachsen. So hilft das Kochen und Backen, dass die Folgen der Erkrankung so gering wie möglich werden.

Auf Augenhöhe mit den Freundinnen

Amelie verbringt nachmittags gerne Zeit mit Kindern aus dem Kindergarten. Sie fahren zusammen eine Runde Rad oder spielen. Amelie braucht zwischendurch Zeit, um sich auszuruhen. Wenn ihre Muskeln überlastet sind, dauert es lange, bis sie sich wieder erholen. Deshalb verabredet sie sich eher selten.

Ihre Freunde besuchen kann Amelie nicht, denn in den meisten Häusern ist es zu eng. Sie hat mit ihrem E-Rollstuhl Schwierigkeiten, die Eingangsstufen zu überwinden.

Auch im eigenen Haus gibt es Barrieren. Deshalb planen ihre Eltern gerade den weiteren Umbau des Hauses. Bislang haben sie Amelie immer in die obere Etage getragen – das geht auf Dauer nicht. Aber die Planung und Finanzierung eines Außenaufzugs ist aufwendig und zeitraubend.

Hoffnung in neues Medikament

In den letzten Jahren gab es große Fortschritte in der Behandlung der SMA. Neue Wirkstoffe kamen auf den Markt, die das Fortschreiten der Erkrankung stoppen können. Das ist für die Familie eine große Hoffnung, aber auch mit Bedenken verbunden: Sind die Medikamente wirklich schon ausgereift? Wird es unserem Kind helfen? Wird die Wirkung langfristig anhalten? Und gibt es Nebenwirkungen?

Das sind komplexe Fragestellungen. Antworten auf so manche Frage erhalten Sie im speziell dazu angebotenen Webinar am 2. November 2021. Dann geht es auch um die Auswirkungen auf Therapie, Hilfsmittelversorgung und das Alltagsleben mit SMA. Spezielle Krankheits- und Behinderungsbilder sind auch immer wieder Teil unseres Schulungsprogramms. Freuen Sie sich auf unsere Veranstaltungen im Jahr 2022!

Die Spinale Muskelatrophie 5q (SMA) ist eine Motoneuronerkrankung, d.h. eine Erkrankung bestimmter Nervenzellen im Rückenmark. Diese Nervenzellen leiten Impulse an die Muskulatur weiter, die für die willkürlichen Bewegungen wie Krabbeln, Laufen und Kopfkontrolle zuständig sind.

Die Spinale Muskelatrophie ist eine relativ häufige „Seltene Erkrankung“: Ungefähr eines von 6 -10.000 Neugeborenen ist betroffen.

SMA beeinträchtigt alle Muskeln des Körpers, wobei die sogenannten proximalen Muskeln (die dem Rumpf am nächsten sind, z.B. Schulter-, Hüft- und Rückenmuskulatur) am schwersten betroffen sind.

Sinneswahrnehmungen, das heißt Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und die Hautsensibilität sind nicht betroffen. Die intellektuellen Fähigkeiten sind ebenfalls nicht betroffen. Es wird im Gegenteil oft beobachtet, dass Patienten mit SMA geistig wach und kontaktfreudig sind.

Patienten mit SMA verlieren typischerweise im Verlauf der Erkrankung an Muskelkraft. Das kann im Rahmen eines Wachstumsschubes bei Kindern sehr rasch passieren oder auch ganz allmählich stattfinden. Es kann sein, dass Patienten mit SMA oft über einen längeren Zeitraum relativ stabil in ihren motorischen Funktionen sind. Die Tendenz zum Verlust von Funktionen ist jedoch immer vorhanden und bleibt auch im Erwachsenenalter bestehen.