Internationaler Tag der Pflegenden

Ein Interview mit der Kinderkrankenschwester Claudia Erwig

Am heutigen „Internationalen Tag der Pflege“ richten wir unseren Fokus auf die vielen Beschäftigten in Pflegeberufen. Viele Kinder und Jugendliche mit Hilfsmittelbedarf sind auf pflegerische Unterstützung angewiesen. Wir möchten einen Einblick in den Berufsalltag geben. Und haben daher mit Claudia Erwig gesprochen, die seit 1989 als Kinderkrankenschwester in der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln arbeitet. Zudem betreut sie seit 2 Jahren das mehrfach schwerbehinderte Mädchen Laveen in der ambulanten Pflege.

1. Claudia, was schätzt du besonders an deinem Beruf als Kinderkrankenschwester?

Ich habe mir den Beruf ausgesucht, weil er meine beiden Interessen perfekt verbindet: mit Kindern zu arbeiten und medizinisch tätig zu sein. Es macht mich glücklich, den Kindern mit meiner Arbeit zu helfen. Aber nicht nur die Arbeit mit den Kindern macht mir Spaß, sondern auch mit deren Eltern und unseren Auszubildenden, die ich als Praxisanleiterin schule. Ich freue mich, wenn ich mein Wissen an sie weitergeben kann.

2. Seit zwei Jahren übernimmst du mehrmals pro Monat die Nachtpflege von Laveen. Erzähle uns ein bisschen über sie!

Laveen ist acht Jahre alt und ist vor sechs Jahren mit ihren Eltern aus dem Irak nach Deutschland gekommen. Hier erhält Laveen aufgrund ihrer fortschreitenden Muskeldystrophie wertvolle Therapien und Medikamente und wird von einem Sanitätshaus mit den notwendigen Reha-Hilfsmitteln versorgt. Seit zwei Jahren besucht Laveen eine Förderschule. Sie ist ein sehr intelligentes und wissbegieriges Mädchen. Außerdem liebt sie Musik und tanzt dazu mit ihren Augen. Laveen ist außerdem ein richtiger Familienmensch und liebt ihre kleine Schwester und ihre Eltern sehr. Früher hat sie auch sehr gerne gemalt, was sie heute leider nicht mehr kann. Aufgrund ihrer Erkrankung hat Laveen eine Schluckstörung und kann nicht mehr essen. Dennoch möchte sie auf ihr Lieblingsessen nicht verzichten und behält es kurz im Mund, um den Geschmack zu genießen.

3. Was genau sind deine Aufgaben bei Laveen?

Ich führe die abendliche atemunterstützende Therapie mit Laveen durch, z.B. inhaliere ich mit ihr. Bevor ich sie gemeinsam mit ihrer Mutter ins Bett bringe, bleibt noch etwas Zeit zum Spielen – im Moment am liebsten „4 gewinnt“. Nachts überwache und dokumentiere ich Laveens Beatmung, denn sie trägt eine Atemmaske. Zudem verabreiche ich ihre Medikamente und die Sondenkost und sauge sie regelmäßig ab. Weiterhin lagere ich Laveen nachts stündlich bis zweistündlich um, da sie das selbst nicht mehr kann.

4. Welche Reha-Hilfsmittel kommen bei Laveen zum Einsatz und wie können diese ihren Alltag erleichtern?

Laveen sitzt sehr gerne in ihrem madita.-Therapiestuhl, der bietet ihr die Möglichkeit, besser am Familienleben teilzunehmen. Weiterhin besitzt sie einen Stehtrainer, den die Eltern tagsüber mit ihr nutzen. Das regelmäßige Stehtraining unterstützt ihre Atmung und weitere wichtige Körperfunktionen. Der Dusch- und Toilettenstuhl hts. würde der Alltag der Familie zur Körperpflege extrem erleichtern, nur leider sind das Badezimmer und die Dusche in der Wohnung so eng, dass dafür kein Platz ist. Seit kurzem hat Laveen einen Sprachcomputer, mit dem sie sehr gut kommunizieren kann.

5. Erzähle uns von deinem schönsten Moment bei Laveen und ihrer Familie!

Da fällt mir gar kein spezieller ein, denn ich erlebe dort viele schöne Momente. Am tollsten finde ich es, wenn sie fragt, ob ich morgen wiederkomme und sich sichtlich freut, wenn ich ja sage. Aber ich freue mich auch, wenn ich der Familie helfen kann – und zwar nicht nur medizinisch, sondern auch mal sprachlich oder mit kleinen handwerklichen Tätigkeiten.

6. Und was war die größte Herausforderung, die du bisher gemeistert hast?

Es war für mich schon eine große Herausforderung, mich von der Klinikpflege in den Bereich der ambulanten Pflege vorzuwagen. Zum einen sind es komplett andere Krankheitsbilder, aber auch die Pflege im häuslichen Umfeld war für mich zunächst gewöhnungsbedürftig. Ich profitiere aber davon, dass ich mich aus meiner Komfortzone raus gewagt habe. Vor allem den Kontakt zum anderen Kulturkreis empfinde ich als sehr bereichernd.

7. Pflegeberuf mit Zukunft – was braucht es dafür? Dieser Frage geht das Pflegenetzwerk Deutschland heute nach. Was würdest du dir für die  Zukunft in deinem Beruf wünschen?

Ich wünsche mir, dass wir viele junge Leute für die Pädiatrie begeistern können. Dazu gehört aber auch, dass es wieder eine eigenständige Ausbildung zur Kinderpflegerin gibt. Denn Kinder sind schließlich keine „kleinen Erwachsenen“, sondern haben komplett andere Anforderungen.

Liebe Claudia, herzlichen Dank für das Interview und herzlichen Dank, dass du Laveens Alltag und den von vielen anderen Kindern bereicherst. Wir wünschen dir und Laveen für die Zukunft alles Gute!